junges Publikum Archive - explore dance https://explore-dance.de/tag/junges-publikum/ Tanz für junges Publikum Wed, 22 Oct 2025 08:45:10 +0000 de hourly 1 https://explore-dance.de/wp-content/uploads/2019/02/cropped-Favicon-32x32.png junges Publikum Archive - explore dance https://explore-dance.de/tag/junges-publikum/ 32 32 Neue Partnerinstitutionen für explore dance https://explore-dance.de/journal/neue-partnerinstitutionen-fuer-explore-dance/ Wed, 22 Oct 2025 06:36:08 +0000 https://explore-dance.de/?p=19670 Interview mit den neuen explore dance-Partner*innen: Anna Wagner, Künstler*innenhaus Mousonturm, und Stefan Hahn & Dörte Wolter, Perform[d]ance | 22. Oktober 2025 [...]

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Halbportrait-Fotos der neuen explore dance Partner*innen

Neue Impulse für das Netzwerk: Im Gespräch mit den neuen Partnerinstitutionen von explore dance

Gemeinsam zeitgenössischen Tanz für junges Publikum nachhaltig stärken

Mit dem Künstler*innenhaus Mousonturm aus Frankfurt am Main und Perform[d]ance aus Stralsund hat sich explore dance um zwei neue starke Partner*innen erweitert. Die beiden Institutionen vergrößern nicht nur die Basis des Netzwerks auf nunmehr sechs Partner*innen aus sechs unterschiedlichen Städten und Bundesländern, sondern bringen vor allem eigene künstlerische Profile und Erfahrungen in der Arbeit mit jungem Publikum ein.

Foto von Anna Wagner vom Künstler*innenhaus Mousonturm

Das Künstler*innenhaus Mousonturm, eines der bedeutendsten Zentren für Tanz, Theater und Performance in Deutschland, bringt vielfältige Erfahrungen mit, Kunst für ein junges und breites Publikum zugänglich zu machen. Perform[d]ance, spezialisiert auf zeitgenössischen Tanz und Community Dance, zeigt regelmäßig Klassenzimmerstücke in Schulen und auf Festivals, mit denen Kinder und Jugendliche für zeitgenössischen Tanz begeistert werden.

Im Interview sprechen Anna Wagner, Intendanz und Geschäftsführung Künstler*innenhaus Mousonturm, sowie Dörte Wolter und Stefan Hahn, Management bzw. Künstlerischer Leiter Perform[d]ance, über ihre Motivation, Teil von explore dance zu werden, über ihre inhaltlichen Schwerpunkte und darüber, welche Impulse sie dem Netzwerk geben – und von ihm empfangen – möchten.

Ein Gespräch über Visionen, Herausforderungen und das gemeinsame Ziel, zeitgenössischen Tanz für junges Publikum nachhaltig zu stärken.

Fotos von Dörte Wolter und Stefan Hahn von Perform(d)ance

explore dance-Redaktion | 22. Oktober 2025

Was hat euch motiviert, Teil des explore dance-Netzwerks zu werden?

Anna:

Am Mousonturm produzieren wir seit mehreren Jahren immer wieder Tanzstücke für junges Publikum und laden Stücke ein, die ein junges Publikum in den Mittelpunkt stellt. Nun Teil eines hochkarätigen bundesweiten Netzwerks zu sein, das sich diesem Bereich auf vielen Ebenen widmet, ist für uns ein großes Geschenk.

Dörte:

Seit 2018 hat Perform[d]ance sechs Klassenzimmerstücke realisiert – ein Format, das dem explore dance Pop Up sehr ähnelt. Eine Tanzproduktion besucht für drei Schulstunden eine Klasse in ihrem Klassenzimmer – in einem Dreiklang aus Workshop, Aufführung und Nachgespräch kommt der zeitgenössische Tanz so direkt in den Schulalltag. Frühzeitig haben wir Festivals und Aufführungen von explore dance besucht und standen im intensiven Austausch mit den Kolleg*innen über Erfahrungen und Formate. Mit fast allen Netzwerkpartner*innen gibt es seit einigen Jahren bereits konkrete Kooperationen, u.a. im Rahmen des Netzwerks Tanz weit draußen. Aus diesen Kooperationen entsponnen sich dann Gespräche über den Beitritt ins Netzwerk.

Was möchtet ihr mit eurer Institution ins Netzwerk einbringen – und was erwartet ihr euch davon?

Anna:

Mit dem „Zentrum Junger Tanz“, das seit der Spielzeit 2025/26 am Mousonturm beheimatet ist, bringen wir einen ganzheitlichen Ansatz im Bereich „Tanz für und mit Jungem Publikum“ ein. Wir verbinden Seherfahrungen von Tanz mit diversen Formaten, die Kinder und Jugendliche selbst zum Tanzen bringen und qualifizieren darüber hinaus auch Tanzschaffende und Erzieher*innen im Bereich Tanz. Dabei setzen wir auf drei Bausteine: selbst tanzen, Tanz anschauen, Tanz vermitteln.

Zunächst freuen wir uns natürlich auf viele aufregende Tanzproduktionen, die im Rahmen von explore dance entstehen werden. Zudem erhoffen wir, dass wir als Teil von explore dance mehr Aufmerksamkeit und Sichtbarkeit auf diesen wichtigen künstlerischen Bereich lenken können und auch Tanzschaffende, Kulturpolitiker*innen und andere Multiplikator*innen begeistern und inspirieren. Wir werden sicherlich sehr von den Erfahrungen und Expertisen der explore dance Partner*innen profitieren und hoffen, auch dieses Wissen in unserem Umfeld mit anderen Akteur*innen zu teilen.

Dörte:

Anders als die anderen Partner sind wir in einer Stadt mit knapp 60.000 Einwohner*innen in einem dünn besiedelten Landkreis ansässig. Seit 20 Jahren machen wir ähnlich wie die Kolleg*innen aus München Tanz in Schulen-Projekte und kennen viele Schulen. In den letzten sieben Jahren haben sich die Kontakte langsam aber stetig in das ganze Bundesland ausgeweitet, auch wenn es noch weiße Flecken gibt.

Stefan:

Wir bringen Tournee-Erfahrung mit sowohl im Bundesland, aber auch international. Vier unserer bisherigen Produktionen haben wir auch für die Bühne adaptiert. Wir haben eine Spielstätte für 130 Zuschauer*innen in Stralsund, in der man ganz wunderbar Tanz für junges Publikum zeigen, aber natürlich auch produzieren kann. Im Netzwerk wollen wir diese Möglichkeiten gemeinsam und damit auch nachhaltiger nutzen.

Was kann aus eurer Sicht speziell die Kunstform Tanz für junges Publikum leisten? 

Stefan:

Ganz vieles und nicht nur für ein junges Publikum. Die Vielschichtigkeit begeistert uns. Wir wollen gerne Tanzstücke produzieren, die uns als Erwachsene ebenso begeistern wie die Kinder und Jugendlichen. Gerne verzichten wir in den Produktionen auch auf Sprache, denn der Tanz erzählt oft so viel mehr (als) Geschichten.

Anna:

Tanz hat ein besonderes Potenzial – er spricht, jenseits des verbalsprachlichen Ausdrucks, gleichzeitig Sinne, Motorik und Kognition an. Fähigkeiten, die wir leider mit zunehmendem Alter verlieren, die es aber früh zu aktivieren und zu erhalten gilt. In seinen vielfältigen Ausdrucksformen stellt Tanz so Erfahrungsräume bereit, um die spannungsreichen, widersprüchlichen Dynamiken unserer Gegenwart nicht nur auszuhalten, sondern zu erforschen und im kreativen Sinn selbst zu gestalten. Tanz stiftet Beziehungen und Begegnungen, in dem er sich im Wechselspiel zwischen Selbstwahrnehmung und der Beobachtung anderer, zwischen dem Selbertanzen und der Rezeption von Tanz entfaltet.

Kinder betrachten zwei Tänzer*innen bei einer Aufführung in der Schulturnhalle

Nora Elberfeld: 1004 Zentimeter Mut, Foto: Jonas Albrecht

Gibt es Themen, Formate oder Vermittlungsstrategien, die ihr als neue Partner mit explore dance besonders vorantreiben wollt? 

Stefan:

Unser zentrales Anliegen ist es, weiterhin in ländlichen Räumen jungen Menschen Zugänge zu Tanzstücken zu eröffnen und an diese Orte mit immer neuen Produktionen zurückzukehren. In unserer Spielstätte wollen wir erstmalig Vorstellungen mit Audiodeskription ausprobieren. Darauf sind wir schon sehr gespannt.

Anna:

Es gibt natürlich viele Themen, die wir vorantreiben möchten. Ein besonderes Anliegen für uns ist, auch sehr junges Publikum noch stärker in den Blick zu nehmen. Außerdem möchten wir stärker Fragen von Barrierefreiheit und Access fokussieren, d.h. die Teilhabe von Menschen mit Behinderung, als Zuschauende, Mitmachende und künstlerisch Produzierende.

Stefan Hahn: Augenhöhe – Klassenzimmerstück Tanz, Foto: Peter van Heesen

Welche ganz konkreten Pläne habt ihr für eure erste Spielzeit im Netzwerk?

Anna:

Wir werden drei Gastspiele aus dem explore dance-Portfolio einladen. Außerdem planen wir auch eine Neuproduktion zu entwickeln, die wir dann in der Region und hoffentlich auch bei den explore dance-Partner*innen präsentieren werden.

Wir freuen uns außerdem sehr, dass wir unser Stück Ein Raum ohne Wände, das wir im Jahr 2024 produziert haben, im explore dance Netzwerk zeigen können.

Zwei junge Mädchen tanzen und tragen dabei Kopfhörer. Im Hintergrund andere tanzende Kinder mit Kopfhörern.

LIGNA: Ein Raum ohne Wände, Foto: Julius Schmitt

Dörte:

Im Januar kommt die Produktion Schwanensee in Sneakers von Anna Till in die Alte Eisengießerei, unsere Spielstätte in Stralsund. Wir verbinden die Aufführung mit Kurzstücken von Jugendlichen und einem Tanzfilm, der gerade mit der Jugendkompanie entsteht. Weitere Gastspiele anderer Produktionen folgen hoffentlich noch diese Spielzeit. Laura Gary, die gerade in Potsdam ein Stück entwickelt, unterrichtet auch an zwei Tagen in der Woche bei uns. Über das Netzwerk haben wir damit bereits unser Team erweitern können.

Und natürlich soll es auch eine Neuproduktion geben. Gerne für die Jahrgangsstufen 5/6. Wir haben von Lehrer*innen immer wieder Nachfragen insbesondere für diese Altersgruppe bekommen. Natürlich freuen wir uns auf den Austausch mit den Kolleg*innen und hoffen, unsere Strukturen stärken zu können, doch dafür ist eine weitere Bundesförderung unabdingbar.

Eine Tänzerin performt vor einem Stuhl

Anna Till und Nora Otte: Schwanensee in Sneakers, Foto: Stephan Floss

3 kostümierte Tänzer*innen bilden einen Kreis

Johanna Ackva und Laura Gary: Ritournelles, Foto: fabrik Potsdam

Gibt es eine Inspiration aus eurer bisherigen Arbeit mit jungem Publikum, die ihr teilen möchtet?

Stefan:

Es ist nicht immer einfach das Stralsunder Publikum für ein neues Stück zu begeistern. Daher haben wir ein Format entwickelt, in dem wir eine Produktion für junges Publikum von professionellen Choreograph*innen mit Kurzstücken verschiedener Perform[d]ance-Laientanzgruppen verbinden. Das Format heißt „Choreos kurios“ und will neugierig machen auf verschiedene choreografische Handschriften. Die Begegnung von Profis und Jugendlichen ist herzerwärmend – denn manche von ihnen überlegen Tanz zu studieren und befragen dann die Profitänzer*innen zu ihrem Alltag und welche Uni oder Ausbildung sie empfehlen würden. Und auch das Publikum ist begeistert von dieser Kombination.

Dörte:

Im vergangenen Mai waren ZINADA mit dem explore dance Pop Up WUW – Wind und Wand zu Gast und auch danach erreichten uns noch viele persönliche Nachrichten – sowohl von ZINADA, die begeistert waren über die kreativen Ideen der tanzenden Jugendlichen, als auch von den Jugendlichen, die es als sehr wertschätzend empfanden, vor den Profitänzer*innen auftreten zu dürfen, und zwar nicht als Vor-Band, sondern im Rahmen eines wirklich geteilten Abends.

ZINADA: WUW – Wind und Wand, Foto: Christina Gerg

Anna:

In unseren Projekten wie zum Beispiel mit dem Stück Ein Raum ohne Wände oder Tanz in Schulen-Projekten, die wir zusammen mit Kindern und Jugendlichen gestalten, erleben wir oft, dass sich viele von ihnen ihren eigenen Ängsten stellen, in dem sie sich der Bewegung und dem Tanz öffnen. Dieser Mut gibt uns Kraft und zeigt, dass es lohnt, sich für den Tanz für junges Publikum stark zu machen und Strukturen und Sichtbarkeit zu schaffen. Hoffentlich erhalten wir als nun in sechs Bundesländern agierendes Netzwerk erneut eine substantielle Förderung durch den Bund. So könnten wir dann wirklich gemeinsam durchstarten und Enormes bewegen.

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„It’s a two-way street!“ https://explore-dance.de/journal/its-a-two-way-street/ Thu, 02 Oct 2025 10:44:08 +0000 https://explore-dance.de/?p=19682 Resümee zur explore dance Diskursreihe „Strukturen übernehmen – junge Mitgestalter*innen rein in die (Kultur-) Institutionen“ | 11. Oktober 2025 [...]

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Siftte und Notizzettel liegen auf einem dunklen Boden

„It’s a two-way street!“

Welche strukturellen Zugänge, Mittel und Haltungen brauchen (Kultur-) Institutionen für die gelingende Umsetzung von Kinder- und Jugendbeteiligung?

In der Arbeit von explore dance nehmen Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene unterschiedliche Positionen ein: Sie sind Recherchegegenstand, deren Lebenswelt erforscht werden will, sie sind Inspirationsquelle für eine zeitgemäße Darstellung junger Lebenswelten und zugleich auch Kolleg*innen beim gemeinsamen Konzipieren und Proben sowie Besucher*innen, die ein Tanzstück erleben und auf sich wirken lassen.

In den städteübergreifenden Austauschtreffen der explore dance-Künstler*innen wird deutlich: Nicht nur bei den jungen Menschen ploppen Begeisterung und Aha-Effekte wie Popcorn unkontrolliert in alle Richtungen. Produzieren für junges Publikum eröffnet auch den erwachsenen Profis neue Perspektiven – in Bezug auf künstlerische Diskurse über Ästhetik und Repräsentation, sowie auf die Regulierung von Körpern und ihren Bewegungen.

Von Carolin Gerlach | 11. Oktober 2025

Seitenwechsel wagen

Im Alltag ist die Rollenzuteilung oft schon festgelegt: Ob im Klassenzimmer oder im Theaterraum, Schüler*innen sitzen und reagieren zumeist, während Lehrkräfte oder Tänzer*innen oftmals stehen und agieren. Wie kann diese Blickrichtung umgekehrt werden, sodass aus jungem Publikum auch junge Mitgestalter*innen werden können? Welche Form der Zusammenarbeit ermöglicht jungen Menschen die Rochade von der bloßen Anwesenheit bzw. Beteiligung an einer Aktivität, #Teilnahme, hin zur gleichberechtigten Mitwirkung, #Teilhabe?

Denken wir groß und gehen noch einen Schritt weiter, indem wir fragen: Wie könnte #strukturelle #Beteiligung aussehen, in der Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene die Hände an den Hebeln haben, Rahmen gestalten, Ressourcen verwalten, Entscheidungen treffen und in dieser Funktion mit ihrem Anliegen in der Öffentlichkeit wirksam werden?

Im Rahmen einer dreiteiligen Online-Veranstaltungsreihe erforschten und diskutierten wir im Frühjahr 2025, welche Rahmenbedingungen es für junge Kulturschaffende braucht, um größtmögliche Handlungsfreiheit, Selbstwirksamkeit und öffentliche Anerkennung zu erfahren. Wir haben Vorreiter*innen zwischen elf und 45 Jahren befragt, die uns Einblick in sechs Projekte gegeben haben.

Rahmenbedingungen schaffen

Die erste Session begann mit der Reflexion aus Erwachsenenperspektive: Welche Räume stehen zur Verfügung und wie können sie für die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen attraktiv gemacht werden? Offene Kinder- und Jugendangebote gibt es bundesweit durch ganz unterschiedliche Anbieter: von der Kirche über das Bürgerradio, Jugendfeuerwehr oder Jugendrotkreuz, bis hin zu Theater- und Sportclubs. Am Beispiel des Kinder- und Jugendbeteiligungskonzeptes der Stadtverwaltung im sächsischen Riesa sprachen wir mit Fabian Brenner von der Servicestelle Kinder- und Jugendbeteiligung sowie mit dem Künstler Dominic Glöß über strukturelle Voraussetzungen.

Laut Fabian sind das Angebot einer Institution und eine im Vorhinein angelegte Strategie zur Prozessbegleitung notwendig. „Zur Not auch mal den Kopf hinhalten, den man nicht mehr in der Hand hat.“, beschreibt er diesen Balanceakt der Abgabe von Kontrolle und Macht – von den Erwachsenen in die Hände der Jüngeren. Erst, wenn die jugendlichen Teilnehmenden die verlässliche Erfahrung von echter Beteiligung machen, in der die Ergebnisse nicht schon im Vorfeld feststehen, kann Vertrauen geschaffen und Beteiligung auf Augenhöhe gelingen. Eine gemeinsame Fehlerkultur aufbauen und ergebnisoffene Erfahrungen sammeln können, das seien die Grundpfeiler. Hierbei müsse der Gestaltungsspielraum vorab transparent und deutlich kommuniziert werden.

Zitat: Es ist ein Balanceakt.

Dominic Glöß lebt heute in Chemnitz und arbeitet als Illustrator. Aufgewachsen in Riesa, hat er dort vor zwanzig Jahren als Teenager ein Kunstfestival mit auf die Beine gestellt und die Kraft von echter Jugendbeteiligung miterlebt. „Es geht darum, von der Idee bis zur tatsächlichen Umsetzung gemeinsam am Ball zu bleiben, scheinbare Hürden zu bewältigen, die verschiedenen Entwicklungsstufen der Zusammenarbeit zu durchlaufen.“ Sich als Team zu verstehen und mit einer Idee nach außen hin zu präsentieren, das hat Dominic bis heute geprägt: Gemeinsam mit Freund*innen gründete er als junger Erwachsener das Kotburschi-Kollektiv, welches z. B. das interdisziplinäre Kunstfestival MALJAM JUMBLE in Dresden veranstaltet.

Selbstverwaltung erproben

Kinder- und Jugendbeteiligung stärkt also zum einen das Erleben von Selbstwirksamkeit und zum anderen das politische Engagement. Doch wie gestalten sich Angebot und Zugang zu solchen Beteiligungsmöglichkeiten? Welche Anreize werden geschaffen, um die Aufmerksamkeit und die Bereitschaft junger Menschen zu wecken? Und was macht Beteiligungsprozesse für Kinder und Jugendliche eigentlich attraktiv?

Welche Antworten finden Projektträger und ihre erwachsenen Mitarbeitenden auf diese Fragen – und wie unterscheiden sie sich von den Antworten junger Menschen? Diesem Thema widmen wir uns im Rahmen der zweiten Diskurs-Session und hören direkt von jungen Menschen zwischen 11 und 24 Jahren, in welchen Projekten sie sich engagieren, was sie dranbleiben lässt und wie sie das Zusammenleben bei sich vor Ort aktiv mitgestalten.

Vorbilder aus Berlin – Kinder begleiten ein Festival

Die Perspektiven der jungen Beteiligten variieren stark: Kinder haben andere Bedürfnisse und Interessen als Jugendliche, diese unterscheiden sich wiederum von der Sicht auf die Welt der jungen Erwachsenen. Im Gespräch mit Kindern aus der Blick’s Mal-Jugendgruppe des Augenblick Mal!-Festivals wurde deutlich, wie wichtig ihnen der Kontakt zu ihren erwachsenen Ansprechpersonen vom Festivalteam ist.

Zitat: Kinder und Erwachsene lachen an unterschiedlichen Stellen.

Zum Einsatz kommen die Kinder bei der Sichtung und Auswahl der Stücke und im Kontakt mit dem Publikum als Begleiter*innen durch die Programmpunkte während der Festivalwoche. Der 12-jährige Theo verrät: „Verschiedene Altersgruppen lachen an unterschiedlichen Stellen. Da merken wir, dass die Erwachsenen einen anderen Geschmack haben. Darum ist es wichtig, uns und unsere Reaktionen bei der Stückauswahl einzubeziehen.“

Zwei Kulturpädagog*innen übernehmen die Kommunikation mit den Erziehungsberechtigten und die Aufsichtspflicht der Kinder während der Treffen. Sie organisieren Räume für Gruppentreffs und Tickets für Exkursionen, moderieren den Ablauf und dokumentieren sowie kommunizieren die Entscheidungen der Kinder zur Rückkopplung ans große Festivalteam. Darauf können die Kids sich stets verlassen – und fühlen sich daher gut aufgehoben. Die Sprache der Wertschätzung wird hier übrigens an einer Leistung besonders deutlich: „Wenn die Begleiter*innen auch wirklich die Snacks mitbringen, die wir uns ausgesucht haben!“

Vorbilder aus Bremen – Junge Erwachsene kuratieren eine Ausstellung

„New Perceptions“, so nennt sich das Jugendkuratorium der Kunsthalle Bremen. Der Deal ist von Beginn an klar: Die Kulturinstitution bezweckt „die Öffnung des Hauses für neues und jüngeres Publikum sowie die Förderung von Diversität und Teilhabe“. Hierfür bietet sie ihren jungen Kuratoriumsmitgliedern die Chance zur Gestaltung einer eigenen Ausstellung und die Möglichkeit, als bezahlte Guides eigenständig Führungen durch die Kunsthalle zu leiten.

Eine Projektkoordinatorin ist das „Scharnier“ zwischen Jugendkuratorium und Kunsthallen-Leitung. Sie sorgt für Kommunikation – und achtet darauf, dass Entscheidungen in beide Richtungen wahrgenommen und umgesetzt werden. Ein weiterer Grundstein für die gelingende Anbindung der Jugendgruppe, ist der Zugang zu eigenen Räumlichkeiten. Indem die Institution einen Raum zur Verfügung stellt und dafür sogar den Schlüssel aus der Hand gibt, ermöglicht sie zugleich die Erfahrung von Zugehörigkeit wie auch von Freiheit.

Vom Kuratieren eigener Ausstellungen, der Erstellung von Audioguides, Entscheidungen über das Layout, dem Betreiben eines eigenen Insta-Kanals sowie einer (finanzierten und organisierten) Bildungsreise nach Paris werden die Entscheidungen der jungen Leute ernst genommen – und verwirklicht. Darüber hinaus bleibt lediglich der Wunsch nach Vernetzung und Austausch mit anderen Jugendgremien und Beteiligungsprojekten noch offen. Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen des Kuratoriums stehen als offizielle Repräsentant*innen für die Institution in der Öffentlichkeit. Wenn sie „wir“ sagen, sind die erwachsenen Mitarbeitenden der Kunsthalle mitgemeint.

Zitat: Mit "wir" sind die jungen Menschen und die Erwachsenen gemeint.

Vorbilder aus Wolfenbüttel – Jugendliche gestalten Kommunalpolitik

Freya und Emil vom Jugendparlament Wolfenbüttel betreiben aktiv Kommunalpolitik. Sie sind durch Schüler*innen für eine Periode von zwei Jahren in ihr Amt gewählt worden und setzen sich für die Belange und Interessen der Jugendlichen ihrer Stadt ein z.B., wenn es um Schule, Freizeitgestaltung oder Umwelt geht – von neuen Sportplätzen, über sichere Schulwege bis hin zu besseren Busverbindungen. Das Jugendparlament hört die Anliegen der Kinder und Jugendlichen und bringt sie in die Stadtpolitik ein.

Zitat: Ich trage gern Verantwortung.

Seit 16 Jahren ist es in der Stadtpolitik verankert und im gesellschaftlichen Zusammenleben sichtbar, beispielsweise in Form eines autofreien Sonntags. In regelmäßigen Pressemitteilungen teilt das Jugendgremium der Öffentlichkeit seine Perspektive auf das politische Stadtgeschehen mit und verschafft den Interessen der unter 18-Jährigen wirksames Gehör. „Ich trage gern Verantwortung und gebe auch gern zurück“, sagt die 18-jährige Freya, die sich u.a. für „Feminismus, Fahrradwege und finanzielle Bildung“ stark macht. Wenngleich die Jugendpolitiker*innen ehrenamtlich tätig sind, diskutieren sie aktuell eine Vorlage, die es ermöglichen soll, bei Bedarf auf Antrag Sitzungsgelder zu erhalten.

Selbstermächtigung voranbringen

Zwar richten sich die Aufrufe zum Kandidieren und zum Wählen des Jugendparlaments an eine breite Zielgruppe, jedoch monieren Freya und Emil eine fehlende Diversität innerhalb der Beteiligten. Die Zugangs-Chancen im Sinne der Gleichberechtigung und Teilhabe aller Schüler*innen im Stadtgebiet sind also ein wichtiges Thema für Beteiligungsprojekte.

Wen erreicht ein Aufruf? Wer fühlt sich tatsächlich davon angesprochen – und wer eben nicht? Wie wirkt sich die Zusammensetzung einer Gruppe auf ihre Entscheidungen aus? Und wie wäre es, wenn junge Menschen nicht erst von einer Institution aufgerufen werden müssten, um sich zusammenzufinden und in den gesellschaftlichen respektive politischen Diskurs einzubringen? In der dritten Session befassen wir uns mit Methoden der Selbstermächtigung.

Cesy Leonard, Gründerin des Kollektivs „Radikale Töchter“, gibt Anstöße, wie wir gesellschaftliche Anliegen formulieren, die eigene Stimme entdecken und ins Handeln kommen können. Seit 2019 motivieren sie und ihre Kolleginnen im Rahmen von Schulworkshops Jugendliche und junge Erwachsene mit spielerischen Methoden zu mehr politischer Teilhabe. Das Kollektiv sieht es als seine Aufgabe, über die Möglichkeiten politischer Mitbestimmung aufzuklären und ermutigt zugleich dazu, Gefühle unkonventionell zum Ausdruck und Utopien in die Umsetzung zu bringen.

Regeln umkrempeln

Aktionskunst greift in das Soziale und in das Politische ein und will die Gesellschaft mit kreativen Mitteln umgestalten. Jeder Platz, Park oder Straßenabschnitt hat seine Regeln, die man mit Aktionen legal für kurze Zeit unterbrechen oder irritieren kann, um Aufmerksamkeit zu erlangen. Dabei vermischt sich die Trennung zwischen Akteur*innen und Zuschauenden. Am Anfang steht die Unzufriedenheit: Aktiv wird, wer etwas verändern will und einen Weg findet, einem ausgewählten Thema Gehör zu verschaffen. Kern ihrer Aktionskunst sei die Arbeit mit Wut und Empörung, da viele junge Menschen Ungerechtigkeitsgefühle kennen und damit etwas anfangen können: „Wann warst du das letzte Mal wütend und wieso? Hat dir Wut schon mal geholfen, etwas zu erreichen? Was macht dich immer wieder wütend?“ Wut stehe häufig am Anfang von politischer Veränderung. „Es ist ein kraftvolles Gefühl, wenn wir es schaffen, Wut in Mut umzuwandeln!“ Die Jugendlichen werden dazu angeregt, ihre Wut für etwas Produktives nutzen.

Räume, in denen junge Menschen sich austauschen und politisch aktiv sein können, finden sich nicht nur analog. Als Begegnungs- und Informationsraum seien Tiktok, Youtube und Instagram gleichauf mit analogen Jugendtreffs wertzuschätzen. Daher gibt Cesy Leonard den Tipp, als Organisation immer auch dafür zu sorgen, dass Fördergelder für den Ausbau von zielgruppenentsprechenden Social Media-Kanälen wie Tiktok und Instagram beantragt werden. Am Ende jedes Workshops fragen die Radikalen Töchter übrigens die Jugendlichen nach Songs, die Mut machen und übernehmen diese Vorschläge in ihre „MUT-Boost“ Spotify-Playlist.

Zitat: Am Anfang steht die Wut.

How to #Herrschaft?!

Gelingende Kinder- und Jugendbeteiligung hat viele Gemeinsamkeiten mit Tanz- bzw. Theaterproduktionen: Es braucht Menschen, die sich gleichzeitig an einem Ort versammeln und ein gemeinsames Ziel in den Blick nehmen. Die Beispielprojekte verbindet, dass sie an eine Trägerinstitution angebunden sind, u.a. in Form von finanziellen Mitteln und der professionellen Begleitung durch mindestens eine bezahlte Fachkraft, die zwischen der Institution und den Jugendlichen vermittelt.

Zitat: Wir lernen von jungen Menschen.

Für die Wirksamkeit von aufrichtiger und strukturell verankerter Beteiligung sind regelmäßige Treffen, eigene Aufgabenbereiche und Entscheidungskompetenz für junge Menschen sowie die Sichtbarkeit durch Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikationsmöglichkeiten für die Gruppe von Bedeutung. Die Radikalen Töchter machen außerdem deutlich, wie ausschlaggebend die Haltung ist, mit der die Erwachsenen bzw. die Institutionen auf Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene eingehen. „It’s a two-way street“, sagt Cesy Leonard, „Wir lernen immer auch von den jungen Menschen.“

Allen Impulsen liegt die Überzeugung zu Grunde, dass Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene selbst am besten wissen, was sie interessiert, womit sie sich beschäftigen wollen und welche Unterstützung sie dabei brauchen. Es liegt somit in unseren erwachsenen Händen, die Räume und Ressourcen verwalten und Regularien überwachen, aufmerksam hinzuhören und solche Angebote auch zu schaffen.

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Von Schüler*innen geprüft https://explore-dance.de/journal/von-schuelerinnen-geprueft/ Mon, 08 Sep 2025 16:28:39 +0000 https://explore-dance.de/?p=19284 Interview mit Schüler*innen über ihre Beteiligung am Enstehungsprozess des Pop Ups „Tie Break“ von Constantin Trommlitz | 10. September 2025 [...]

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Drei Tänzer*innen performen im Stil von Break Dance

Von Schüler*innen geprüft

Wie Jugendliche das Pop Up Tie Break von Constantin Trommlitz mitgestaltet haben

Bereits im Probenprozess besuchen explore dance-Künstler*innen Schüler*innen, diskutieren mit ihnen die Themen der Choreographien, zeigen erste Ausschnitte oder laden sie zu Proben ein. Wie erleben Jugendliche die Entstehung einer explore dance-Tanzproduktion an ihrer Schule?

Für die Hamburger Neuproduktion Tie Break arbeiteten Choreograph Constantin Trommlitz und seine Tänzer*innen eng mit dem Profilkurs Theater des Emilie-Wüstenfeld-Gymnasium zusammen. Im Interview erzählen die Schüler*innen Mila (17) und Gianluca (17) wie sie den Prozess erlebt haben und was das Besondere daran ist, so eng in den Entstehungsprozess einer Tanzproduktion eingebunden zu sein.

Ein Interview von Katrin Breschke, explore dance-Projektleiterin in Hamburg | 12. September 2025

Beschreibt mal einen ganz normalen Schultag im Unterschied zu einem Tag, wo jemand von außen – wie wir – dazu kommt. Was ist da anders?

Gianluca:

Der Unterschied, wenn jemand von außen kommt: Das haben wir in den meisten Fächern nicht. Das findet im Kunstprofil statt. Wir machen Exkursionen in die Kunsthalle oder ins Theater.

Mila:

Das Besondere, wenn jemand von außen dazu kommt, ist, dass die Atmosphäre anders ist. Also ich finde das immer ganz cool, das ist sowas Neues und Spannendes. Und es ist einfach nicht der Alltag. Es ist neu, es passiert etwas, man öffnet sich ein bisschen.

Und auch gerade mit euch, das war voll cool, wenn man Tanz und Theater von einer anderen Seite sieht und nicht nur die ganze Zeit als Zuschauer*in da ist, sondern auch als Mitbestimmer*in. Dass wir mit überlegen konnten, was könnte man noch so machen…

Gianluca:

Wenn wir im Theater sind und zuschauen, dann denkt man auch, was könnte das bedeuten. Aber wenn man vorher den Arbeitsauftrag hat, dass man selbst mitgestalten kann, was man besser machen kann, das hat mir schon sehr gut gefallen. Wenn man was Abstraktes oder etwas mit Tanz anschaut, dann finde ich das sehr spannend. Es ist viel schwieriger zu reflektieren und Verbesserungsvorschläge zu geben. Aber es regt zum Denken an. Und die Erfahrung können wir dann natürlich auch in unser eigenes Theaterstück einbauen und deswegen ist das so ein besonderer Input.

Hattet ihr Berührungsängste, als ihr erfahren habt, dass ihr euch als nächstes mit Tanz und Choreographie beschäftigt?

Gianluca:

Nein, Berührungsängste gibt es nicht.

Mila:

In unserem Profilkurs kann ich mehr ich selbst sein, als vielleicht in Kursen mit Leuten, wo mir irgendetwas peinlich wäre oder ich einfach ein bisschen angespannter bin.

Gianluca:

Als ihr zum Beispiel das erste Mal da wart, hatten wir am Schluss eine Performanceeinheit gemacht. Mit Übungen wie durch den Raum laufen und irgendwelche bestimmten Sachen machen oder uns irgendwie verhalten, wie zum Beispiel „sich unterdrückt fühlen“ oder „sich beobachtet fühlen“. Ich fand es schwer da reinzukommen, also vor allem in ganz expressive Bewegungen oder dass man abstrakter denkt. Aber da haben auch die Tänzer*innen mitgemacht und das war wie eine Inspiration. Ich finde, wenn man kein professioneller Tänzer ist, dann ist das für jeden erst einmal eine Überwindung. Aber da hat niemand gesagt „der hat das soundso gemacht und das war komisch.“

Schüler*innen stehen in einem offenen Kreis in der Schulaula und proben ein neues Stück
Schüler*innen stehen im engen Kreis in der Schulaula und proben ein neues Stück

Wie war das bei unserem ersten Besuch bei euch? Ich erinnere noch, ihr kamt aus einer Mathearbeit und wart mit dem Kopf ganz woanders. Ihr wusstet, dass wir kommen aber nicht, worum es geht. Richtig?

Mila:

Für mich war die Mathearbeit gar nicht gut. Und dann war das schön, sich so voll davon lösen zu können. Ich habe zugeguckt und mich rein gedacht und war nicht mehr so in meinem Kopf drinnen.

Gianluca:

Ich fand auch den Ablauf gut. Wir wussten gar nicht, was auf uns zukommt. Und dann sind wir reingekommen und haben erstmal 15 Minuten geschaut und eine Idee von der Richtung bekommen. Und danach gab es die gemeinsame Reflexionsrunde. Und beim zweiten Mal haben wir was Neues gesehen und dann noch einmal neue Ideen gesammelt und miteinander verbunden.

Schüler*innen stehen in der Aula in einem großen Kreis

Habt ihr das Gefühl, der Profilkurs Theater ist ein Fach, wo ihr mehr mitbestimmen könnt als in anderen Fächer?

Gianluca:

Auf jeden Fall.

Mila:

Man kommt richtig aus sich raus, jeder darf seine Ideen einbringen und so entwickelt sich was. Das finde ich total schön.

Gianluca:

Sicher kann man die Fächer Mathe und Theater nicht vergleichen, weil das eine ist Frontalunterricht und beim anderen kann man selbst mitbestimmen. Und es gibt auch zwischen Theaterlehrer*innen Unterschiede. Aber wenn man nur zuschaut und nicht selbst mitmacht, dann ist es was anderes, als wenn man selbst auch die Gedankengänge dahinter weiß oder den Prozess erlebt. Und das ist auch so, wenn man mit anderen wie euch zusammenarbeitet. Auch wenn wir nicht direkt in der Choreo mit drin sind, dass wir aber mit euch zusammen reflektieren, da lernt man auch mehr.

Mila:

Das einzige Fach, mit dem man das vergleichen kann, ist wahrscheinlich Kunst.

Gianluca:

Aber im Theaterkurs arbeitet man mehr zusammen.

Mila:

Ich finde vor allem im Vergleich zu den ganzen anderen Fächern sind das die Fächer, bei denen man am meisten sich selbst als Schüler*in sieht, mitarbeitet und es Mitbestimmung gibt. Ich würde sagen, der Profilkurs Theater ist mit Abstand der Unterricht, wo die meisten Leute lachen. Und es ist kein Auslachen, sondern man lacht miteinander und man hat einfach Spaß. Und das ist schön.

Gianluca:

Bei Constantin und eurer Choreographie hatten wir beim ersten Mal nicht kritisiert, aber den Vorschlag gemacht, dass wir die synchronisierten Parts sehr cool und wichtig finden. Dass das so harmoniert hat, wenn sie zusammen, als Gruppe agiert haben. Das haben wir dann beim fertigen Stück wiedererkannt, dass das so zusammengeführt wird. Da haben wir uns gehört gefühlt.

Mila:

Auch generell, dass wir die Möglichkeit hatten, diese Tipps, das Feedback abzugeben, das war schön. Dass wir so gehört wurden.

Drei Tänzer*innen bewegen sich in einer Kleiderstange mit Rollen

Wenn ihr das Stück jemand anderem beschreiben solltet, worum geht es und warum sollte man sich das anschauen? (Sie überlegen). Vielleicht geht es für euch auch um verschiedene Themen.

Gianluca:

Am Anfang ging es so um die Rolle der Frau. Wenn man aber jetzt ins gesamte Stück schaut, dann kann man auch einfach sagen…

Mila:

Ausgrenzung eines Individuums.

Gianluca:

Ja, also dass es nicht unbedingt nur um eine Frau ging, auch wenn es von einer Frau verkörpert wurde. Das Thema Ausgrenzung und auch Einrahmung durch die Gesellschaft, dass man nicht so individuell sein kann, dass es wie ein Kampf ist, durchgehend – das alles zusammen ist so ein wichtiges Thema, das man auf viele Bereiche und Altersgruppen beziehen kann. Deswegen ist es einfach wichtig, sich das anzuschauen.

Wenn wir vorher Choreos angesehen haben, dann waren das meistens immer eher gleiche Tanzstile. Ich fand das sehr spannend, dass hier alles so harmoniert hat, obwohl es drei verschiedene Tanzstile waren. Und vor allem auch der letzte Part hat uns gefallen.

Mila:

Der Gesichtsausdruck wurde glücklich, alle haben so gelächelt.

Ein Tänzer bewegt sich durch ein schwarzes offenes Metallgestell
3 Tänzer*innnen performen und schauen dabei lächelnd in die Kamra

Was ist euer Tipp für Menschen, die Angst haben, dass sie Tanz nicht verstehen? 

Mila:

Ich finde mitmachen ganz wichtig. Also dieses reingebracht werden als Schüler*in…

Gianluca:

Zum Beispiel durch die Probenbesuche und Workshops.

Ich würde einfach allgemein sagen, das kann man auf das ganze Leben beziehen: Wenn man Angst vor irgendwas hat, vor allem vor Kreativem, verpasst man so viel.

Jetzt sind wir zu euch gekommen und hatten schon eine Stückidee. Constantin hatte Themen, zu denen er choreographisch arbeiten wollte. Wenn ihr noch davor mitbestimmen könntet, zu welchem Thema sollte es mal ein Tanzstück geben?

Mila:

Was mir jetzt so spontan in den Kopf kommt, dass ich auch soziale Probleme ansprechen würde. Interessant wäre ein Konflikt zwischen Alt und Jung.

Gianluca:

Es gibt bestimmte Themen, die sehr abgedeckt werden, z.B. Suizid, wie man sich in der Gesellschaft fühlen kann, LGBTQ. Das sind Themen, die sind absolut wichtig, aber dazu gibt es schon vieles. Es sollten Stücke sein, wo jeder Bezug hat, aber vielleicht keiner drüber nachdenkt, dass das eigentlich ein Problem ist.

Mila:

Zum Beispiel Konsum von Handy.

Gianluca:

Oder das Thema KI. Einfach über den Wandel, über den Einfluss von Digitalisierung auf alle und auf Kinder, die damit aufwachsen.

Mila:

Ich fand aber auch die Themen, die Constantin angesprochen hat, total cool, weil wir uns alle damit identifizieren konnten.

Wenn man ein Stück sieht, wo man merkt, dass man sich direkt damit identifizieren kann, vor allem als Jugendlicher, dann ist das leichter, das zu gucken und sich reinzudenken und Spaß zu haben. Das war bei euch auf jeden Fall so.

Das hat echt immer Spaß gemacht, das zu gucken und mitzudenken.

Drei Tänzer*innen stehen eng beieinander und performanen dynamisch in verschiedenen Tanzstilen

Gianluca:

Wir haben ja auch darüber gesprochen, für welche Altersgruppe das Stück ist. Das Thema ist relevant für alle Altersgruppen und wenn man das Fünftklässlern vorführt, dann setzen die sich mit den Themen vielleicht noch nicht bewusst auseinander. Aber wenn man vielleicht noch ein bisschen Information dazu bekommt, oder durch die Fragen im Workshop, da sind dann schon Allgemeinsituationen drin, dass man das auch jüngeren Kindern näherbringen kann.

Ist es wichtig, dafür im Probenprozess schon im Austausch mit der Zielgruppe zu sein?

Gianluca:

Mila:

Finde ich schon, ja.

Voll.

Könnte man so einen Stempel drauf machen „geprüft von …“

Gianluca:

Auf jeden Fall!

Ist es ein Unterschied, ob Tanzaufführungen hier zu euch in die Schule kommen, oder ihr ins Theater geht?

Gianluca:

Schule ist ein gewohntes Umfeld.

Mila:

Heimeliger.

Gianluca:

Für so eine Aufführung, wo man mitbestimmt, finde ich es an der Schule besser, weil man sich dann ein bisschen besser einfühlen kann.

Mila:

Man kommt mehr aus sich raus. Ich glaube, wenn ich in einem Saal sitzen würde, wahrscheinlich auch noch mit anderen Leuten, würde ich nichts oder weniger sagen. Und jetzt hier, fühlt man sich sehr gesehen.

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Kultur im ländlichen Raum https://explore-dance.de/journal/kultur-im-laendlichen-raum/ Wed, 25 Jun 2025 10:43:52 +0000 https://explore-dance.de/?p=18631 Den Jugendlichen Türen öffnen – wie explore dance gegen das Schweigen antanzt | 27. Juni 2025 [...]

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Foto einer baumgesäumten Brandenburger Allee

Kultur im ländlichen Raum

Den Jugendlichen Türen öffnen – wie explore dance gegen das Schweigen antanzt

Mit körperlicher Präzision und emotionaler Wucht erzählt das Pop Up WUW – Wind und Wand  des Tänzerduos ZINADA von Druck und Ausgrenzung in der Jugend, aber auch von Selbstermächtigung. Mit der Performance bringt das Netzwerk explore dance zeitgenössischen Tanz an Orte, an denen Kunst selten zu Gast ist – und trifft dort auf Jugendliche, für die das Schweigen manchmal lauter ist als alles andere.

Von David Schmidt | 27. Juni 2025

Eine graue Turnhalle, harte Elektrobeats, ein paar Dutzend Schüler*innen auf Bänken – und mitten im Raum eine Wand. Keine echte, sondern eine Turnmatte, beschmiert mit Schriftzügen und bunten Graffitimotiven. Sie steht symbolisch für Herausforderungen, die Jugendliche erfahren.

Tanzend, ganz ohne Worte, erzählen Jin Lee und Jihun Choi in der Coming-of-Age-Performance WUW – Wind und Wand von den Kämpfen junger Menschen mit sich selbst, den Erwartungen ihrer Eltern, Schamgefühlen, Depressionen und Leistungsdruck.

Die von Jin Lees Tanzpartner Jihun Choi kontrollierte Wand ist eine mächtige Hürde, die die Künstlerin zu überwinden versucht, immer und immer wieder – vergeblich. Nach unzähligen Versuchen sackt sie sichtlich resigniert auf dem Boden zusammen. Doch dann nimmt Lee den Tanz wieder auf, dieses Mal in einer neuen Dynamik, spielerisch, leichter. Was gerade noch unabänderlich schien, wird so allmählich transformiert – bis Lee endlich groß und selbstsicher auf der Wand stehen kann. Konflikte sind lösbar, Hürden lassen sich überwinden: WUW endet auf einer Note, die dem jungen Publikum am Gymnasium Strausberg II in Altlandsberg Mut machen kann. Hier tanzte ZINADA im Mai 2025.

Initiiert wurde der Auftritt vom Netzwerk Tanz für junges Publikum explore dance, das Kinder und Jugendliche direkt mit zeitgenössischem Tanz in Berührung bringt und den Bereich für junges Publikum bundesweit etablieren möchte.

Ein zentraler Baustein sind die sogenannten Pop Up-Stücke, zu denen auch WUW gehört: mobile Produktionen, die ohne große Bühnentechnik auskommen und dort stattfinden, wo sich das junge Publikum ohnehin aufhält – in Schulräumen, Sporthallen, Aulen. In einer Kleinstadt wie Altlandsberg spiele man besonders gerne. „Wir wollen mit Tanz dahin gehen, wo er normalerweise nicht vorkommt“, sagt Johanna Simon, Projektleiterin bei explore dance.

„Das ist wie ein Niesen – man kann es nicht unterdrücken“

In der körperlich intensiven Performance verarbeitet die Choreographin Jin Lee eigene Jugenderfahrungen – mit Ausgrenzung, psychischem Druck, aber auch Selbstermächtigung. Die Jugendliche Jin Lee fühlte sich durch ihr Umfeld in Südkorea nicht akzeptiert. Also zog sie fort, studierte an der Experimental Academy of Dance in Salzburg und schloss mit Bestnote ab, zog dann weiter nach München und macht sich seitdem mit ihren Perfomances einen Namen.

In der Distanz zu den Eltern und durch den Ausdruckstanz fand sie Wege, die Jugenderfahrungen zu verarbeiten – und näherte sich der Familie darüber wieder an. Die daraus gezogenen Lehren hält sie in WUW künstlerisch fest. „Es geht um das Gefühl, nicht gesehen zu werden“, sagt Jin Lee. „Und darum, dass Tanz ein Weg sein kann, sich selbst wiederzufinden.“

Moderner Tanz kann emotional herausfordern. Das zeigt sich deutlich in den Reaktionen des jungen Publikums. Darin, dass ZINADAs Performance ganz ohne Worte auskommt, liegt dabei eine besondere Stärke: Eine Direktheit entsteht, die den Jugendlichen unmittelbaren Zugang zum Thema verschafft.

Das löst bei manchem sichtbare Irritationen aus: Ein Junge sitzt mit hochrotem Kopf am Rand, vermeidet den Blick zur Bühne, lacht verlegen und unkontrolliert. „Das ist wie ein Niesen“, sagt Lehrerin Anne Schnetzinger verständnisvoll über den lachenden Schüler, „Man kann es nicht unterdrücken.“ Es sei wichtig, die Schüler*innen bei solchen Gefühlsausbrüchen zu unterstützen.

Dass die Schüler*innen am neuen Gymnasium Strausberg II überhaupt solche Performances sehen, ist Schnetzinger zu verdanken. Seit 2018 unterrichtet sie Kunst in Altlandsberg im Märkischen Oderland, eine Stunde von Berlin entfernt. Den hier lebenden Kindern und Jugendlichen nicht nur Kunstgeschichtsunterricht zu erteilen, sondern ihnen Zeitgenössisches vorzustellen, ist ihr wichtig.

WUW in Brandenburg mit einer Performerin vor Schülerinnen
WUW in Brandenburg mit den

Die Suche nach Worten für individuelles Empfinden

Über das Erlebte, über ihre Gefühle und ihre Interpretationen reden die Jugendlichen im Anschluss an die Performance im Workshop. Sie bilden einen großen Kreis um Jin Lee und suchen gemeinsam nach Worten für ihr individuelles Empfinden. Stifte und gelbe Haftnotizen werden verteilt. Sie schreiben zwei Worte auf: Ein Gefühl, das sie beim Zusehen hatten, und den Körperteil, in dem sie es spüren. „Glück und Kopf“ schreibt eine Schülerin auf, und klebt den Zettel auf ihre Stirn. „Verzweiflung und Kopf“ schreibt eine andere – und klebt sich den Zettel dann doch ans Herz.

Schüler*innen in einer Turnhalle bilden einen großen Kreis um eine Tänzerin

„Genau aus diesem Grund mache ich meinen Job“, sagt Schnetzinger: „Um den Jugendlichen Türen zu öffnen.“ Nicht nur zu Kunst wie modernem Tanz, sondern zu anderen Formen des Denkens, Fühlens und des darüber Sprechens will die Lehrerin Zugänge bieten. „Gerade hier auf dem Land wird Körperlichkeit oft nur mit Leistung verknüpft“, sagt sie. „Aber was passiert, wenn wir anfangen, mit dem Körper über Dinge zu sprechen, die man nicht in Worte fassen kann?“

Eine Performerin sitzt in der Mitte eines Kreises von Schüler*innen
Blaue Wand mit gelben Klebezetteln, auf denen Schüler*innen ihre Gefühle notiert haben

An Brandenburgs Schulen seien Kinder oft gut im Sport und im Funktionieren. Doch wenn es um ihre Gefühle geht, würden sie leise. Und genau das mache die Arbeit von explore dance und Performances wie die von ZINADA so wertvoll: „Da geht es um Dinge, mit denen Kinder nicht umgehen können, weil niemand mit ihnen darüber spricht, wie es geht. Aber die Reaktionen zeigen es ja: Die Gefühle sind da.“

„Auf dem Land fehlt oft die Begegnung mit Menschen, die anders sind“

Wie wichtig es ist, Emotionen mit Jugendlichen zu thematisieren, unterstreicht Jin Lee von ZINADA mit einer Erzählung: Nach einer Vorstellung vor einer sechsten Klasse in Potsdam trat ein Mädchen auf sie zu und fragte: „Hast du das echt so erlebt?“

Die Zwölfjährige erzählte, sie leide unter Depressionen und könne mit ihren Eltern nicht darüber sprechen. „Sie fühlte sich, als würde sie von ihnen behandelt wie eine Gefahr“, erzählt Lee. „Sie war zwölf und fühlte sich schwer depressiv, und da war niemand, der ihr damit hilft. Das hat mich unheimlich traurig gemacht.“ Sie machte dem Mädchen Mut: „Ich habe zu ihr gesagt: Du findest deinen Weg, so wie ich meinen gefunden habe. Deiner wird anders als meiner sein, aber ich weiß, du wirst ihn finden!“

Solche Begegnungen mit zuhörenden Erwachsenen, sagt Lee, seien in ihrer Kindheit selten gewesen – und sind auch heute nicht selbstverständlich. „Ich habe als Kind gelernt, dass meine Art zu sein falsch ist“, erzählt sie. „Ich war immer zu viel. Zu laut, zu wild. Und ständig wurde mir gesagt, wie ein Mädchen zu sein hat.“

Auch heute begegnet sie in ihrer Arbeit noch Vorurteilen – vor allem, wenn sie wie hier mit explore dance in eher ländlichen Regionen unterwegs ist. Dort sei der Umgang oft weniger offen, manchmal spüre man subtile Ablehnung, manchmal offene Irritation. In Großstädten wie Berlin, München, Hamburg oder Potsdam hingegen sei die Resonanz viel offener, diverser. „Auf dem Land begegnen mir Sexismus und Rassismus öfter“, sagt sie. „Ich habe festgestellt, beides geht Hand in Hand, auch bei Kindern schon.“

Eigentlich begrüße sie diese Vorfälle aber, denn: „Es ist gut, wenn das sichtbar wird. Dann kann man es besprechen.“ Jin Lee spricht Schüler*innen, die sich so verhalten, auf der Stelle an. Sie werde das später vor der Klasse besprechen, sagt sie dann, „aber ohne Namen zu nennen“. Oft fehle abseits der großen Städte die Auseinandersetzung mit Diversität – oder schlicht die Begegnung mit Menschen, die anders sind. „Gerade darum wollen wir dort auch präsent sein.“

David Schmidt ist freier Journalist und lebt in Berlin. www.davidhansmoritzschmidt.de

explore dance hat in den sieben Jahren seines Bestehens bereits 35 Tanzstücke für Kinder und Jugendliche verschiedener Altersstufen produziert, darunter Bühnen- und mobile Pop Up-Stücke, die bundesweit in über 600 Vorstellungen auf Bühnen, in Klassenzimmern und im öffentlichen Raum in der Stadt und auf dem Land gezeigt wurden – von Altlandsberg bis Lalling, von Bergen (auf Rügen) bis Eisenhüttenstadt, von Osnabrück über Braunschweig bis nach Berlin.

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„Den Geist des Stücks erfühlen“ https://explore-dance.de/journal/den-geist-des-stuecks-erfuehlen/ Fri, 06 Jun 2025 10:53:53 +0000 https://explore-dance.de/?p=18012 Feature mit Hörbeispielen aus der Audiodeskription von "Fight for your fairytale" der go plastic company | 6. Juni 2025 [...]

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Eine Tänzerin steht in einer Tanzpose vor einer Gruppe sitzender Jugendlicher

„Den Geist des Stücks erfühlen“

Wie das Pop Up Fight for your fairytale der Dresdner go plastic company dank Audiodeskription und Tastführung barrierefrei erlebbar wird

Seit 2018 setzt sich explore dance dafür ein, dass alle Kinder und Jugendliche – unabhängig von ihren individuellen Voraussetzungen und persönlichem Hintergrund – Zugang zur Kunstform Tanz erhalten. In diesem Zusammenhang beschäftigt sich das Netzwerk auch mit der Frage, wie seine Produktionen für blinde oder sehbeeinträchtigte junge Menschen erfahrbar werden können.

Unser Dresdner Netzwerkpartner HELLERAU – Europäisches Zentrum der Künste hat gemeinsam mit der Audiobeschreiberin Swantje Henke eine barrierefreie Deskription für das Pop Up Fight for your fairytale der Dresdner go plastic company entwickelt. Mithilfe dieser begleitenden Audiodeskription und einer Tastführung im Vorfeld lässt sich der spielerische „Geist“ von Fight for your fairytale auch jenseits visueller Wahrnehmung erfahren.

Auch andere Künstler*innen unseres Netzwerks bieten bereits barrierefreie Adaptionen ihrer Stücke an: Die Münchner Choreographin und Tänzerin Sarah Huby hat für ihr Pop Up Hey Körper?! eine Version für blindes Publikum erarbeitet. Mehr Teilhabe und Inklusion durch barrierefreie Angebote – ein wichtiges Ziel, das explore dance gemeinsam mit seinen Künstler*innen und Partner*innen weiter vorantreiben wird.

Dieser Beitrag gibt anhand ausgewählter Hörbeispiele einen Einblick in die Audiodeskription von Fight for your fairytale. Im abschließenden Interview erläutert Audiobeschreiberin Swantje Henke, welche Herausforderungen und Möglichkeiten barrierefreie Angebote speziell im Bereich Tanz mit sich bringen.

Von Swantje Henke und Franziska Ruoss | 6. Juni 2025

1. Hören, tasten, erleben – wie Tanz barrierefrei erfahrbar wird

Audiodeskription eröffnet blinden und sehbeeinträchtigten Zuschauer*innen den Zugang zu den visuellen Elementen einer Tanzvorstellung oder Performance. Dazu zählen Handlung, Kostüme, Schauplätze, Gestik, Mimik, Objekte und weitere visuelle Kommunikationselemente.

Die Beschreibung erfolgt live über eine separate Tonspur, die von einer*einem professionellen Audiobeschreiber*in über ein kabelloses Headset-System eingesprochen wird. Die Zuschauer*innen tragen den Kopfhörer während der Vorstellung und erhalten darüber eine detaillierte Beschreibung des Bühnengeschehens – von Bewegungen über Mimik bis hin zu Raumveränderungen. Gleichzeitig nehmen sie die Musik, Geräusche und Atmosphäre der Live-Aufführung wie das übrige Publikum wahr.

Ergänzend dazu bietet eine sogenannte Tastführung vor der Aufführung die Möglichkeit, zentrale Elemente des Stücks taktil zu erkunden: den Bühnenraum, Kostüme, Objekte sowie die Darsteller*innen selbst und deren charakteristische Bewegungen. Durch gezieltes Ertasten der wichtigsten tänzerischen Positionen und eigene Bewegung entsteht ein sinnlicher Zugang zur Choreographie – noch bevor die Vorstellung beginnt.

2. Hörbeispiele aus der Audiodeskription von Fight for your fairytale

Die folgenden Hörbeispiele sind der Audiodeskription von Swantje Henke in Zusammenarbeit mit dem Team der go plastic company entnommen.

2.1 Audiodeskriptive Einführung in das Pop Up

2.2 Audiodeskriptive Sequenz aus der Performance

2.3 Audiodeskriptive Nahaufnahme einer Tänzerin aus Fight for your Fairytale

3. Interview mit Audiobeschreiberin Swantje Henke

Swantje Henke ist Schauspielerin, Sprecherin und Audiobeschreiberin und lebt in Berlin.

Franziska Ruoss ist künstlerische Projektleiterin für explore dance in HELLERAU – Europäisches Zentrum der Künste.

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Was geht, Erdling? – Eine kreative Fotostory https://explore-dance.de/journal/was-geht-erdling-eine-kreative-fotostory/ Wed, 28 May 2025 10:09:08 +0000 https://explore-dance.de/?p=18057 Fotostory zum Pop Up "Was geht, Erdling?" von Caroline Beach und Saida Makhmudzade | 28. Mai 2025 [...]

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Zwei Außerirdische stehen oben auf einer Treppe und winken dem Betrachter zu

Auf Entdeckungstour mit zwei Außerirdischen in Potsdam

Eine kreative Fotostory inspiriert vom Pop Up Was geht, Erdling? von Caroline Beach und Saida Makhmudzade

Stell dir vor, du hast die Gelegenheit, einmal auf einen anderen Planeten zu fliegen und zu erkunden, wie das Leben dort so ist. Gibt es Lebewesen? Wie bewegen sie sich? Welche Eigenheiten, Besonderheiten oder Absurditäten zeichnen sie aus? Wie gehen sie mit ihrer Umwelt um? Und was verrät all das vielleicht über unser eigenes Leben auf der Erde?

Genau dieses Experiment wagen die beiden Außerirdischen Ronny und Margret, nur umgekehrt: Sie landen auf dem Planeten Erde und nehmen ihn neugierig unter die Lupe.

Die Ausstatterin und Fotografin Amelie Sabbagh hat die beiden auf ihrer Erkundungstour auf der Erde – genauer gesagt in Potsdam – empfangen und begleitet.

Wie die ersten Schritte unseres Duos auf dem Terrain aussehen, könnt ihr in der Fotostory mitverfolgen.

Von Amelie Sabbagh | 28. Mai 2025

1_Kreis

Ankunft.

Mal sehen, was auf der Erde so geht…

Zwei Außerirdische stehen oben auf einer Treppe und winken dem Betrachter zu
Zwei Außerirdische liegen im Freien schräg auf einer steinernen Treppe
2 Kreis

Treppensteigen?

Wie geht das?

3_Kreis

Rasensprenkler?

Bloß weg hier…

Zwei Außerirdische rennen vor einem Wassersprenger auf einem Rasen davon
4_Kreis

Kurz mal eine Runde entspannen…

Zwei Außerirdische liegen in einer Badewanne und entspannen sich
5_Kreis

Juchhu!

Sonne und Schokobonbons gibt es auch auf der Erde!

Zwei Außerirdische sonnen sich und träumen von Schokobonbons
Zwei Außerirdische stehen am Stamm eines alten Baumes und blicken nach oben
Nummer 6 in einem Kreis

Wieso sehen die Bäume hier so anders aus?

Nummer 7 in einem Kreis

Auf zu neuen Ufern…

Zwe Außerirdische gehen einen Parkweg entlang.
Zwei Außeridische beugen sich am Ufer zum Wasser herunter
8_Kreis

Bekannte Flüssigkeit gesichtet!

Numme 9 in einem Kreis

Lass mal etwas zu essen suchen!

Zwei Außerirdische stehen vor einer Blume und überlegen, ob sie die essen können.
Nummer 10 in einem Kreis

Sieht zwar seltsam aus, schmeckt aber lecker.

Zwei Außerirdische essen mit Stäbchen eine asiatische Nudelsuppe
11_Kreis

Und nun? Wohin geht’s jetzt?

Eine Sprechblase vor einem blauen Himmel. Darin steht die Frage, ob die Aliens auf der Erde bleiben.

Zum Stück

Was geht, Erdling? ist ein interaktives Pop Up-Stück für Kinder ab 6 Jahren – humorvoll, spontan und voller Neugier auf das Menschsein. Die Choreographinnen und Performerinnen Caroline Beach und Saida Makhmudzade verbinden tänzerische Elemente des Street Styles mit direkter Kommunikation und spielerischer Interaktion mit dem Publikum.

Gemeinsam mit den jungen Zuschauer*innen begeben sie sich auf eine bewegte Expedition zu den Eigenheiten des Lebens auf der Erde: Was ist gut an unserem Planeten – und was vielleicht weniger?

Mit gezielten Fragen rücken sie die Gedanken der Kinder ins Zentrum des Geschehens und verweben deren Antworten in einem improvisiertem Stand-up-Rap. So entsteht ein poetisches und zugleich eindrückliches Kaleidoskop junger Perspektiven auf unsere Welt.

Was geht, Erdling? wirkt über das Spiel hinaus: Es bringt nicht nur zum Lachen, sondern regt vor allem zum Nachdenken über unsere Welt an – bei Kindern wie Erwachsenen.

Choreographie und Performance: Caroline Beach, Saida Makhmudzade

Bühne und Kostüm: Amelie Sabbagh, Josef Panda

Produktionsleitung: Kati Thiel

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Sharing unspoken secrets https://explore-dance.de/journal/sharing-unspoken-secrets/ Thu, 30 Jan 2025 15:23:01 +0000 https://explore-dance.de/?p=15598 Video-Feature zu ZINADAs Pop Up WUW - Wind und Wand | 31. Januar 2025 [...]

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Sharing Unspoken Secrets

Wie Tanz in WUW – Wind und Wand zur Geheimsprache wird – ein Filmbetrag über die Begegnung von Schüler*innen mit dem künstlerischen Kollektiv ZINADA

Mit einer kraftvollen und zugleich sensiblen Choreographie schafft das künstlerische Kollektiv ZINADA eine besondere Verbindung zu seinem jungen Publikum. Die Performance vergleicht das Erwachsenwerden mit der Überwindung einer massiven Wand. Dabei fangen Jihun Choi und Jin Lee die emotionalen Herausforderungen dieser Lebensphase tänzerisch so eindrucksvoll ein, dass sie junge Menschen intuitiv verstehen.

Warum diese Form der Vermittlung auch ohne Worte funktioniert und wie sie Schüler*innen aktiv einbindet, erläutern Ulrike Klemm, Lehrerin am Münchner Klenze-Gymnasium, und Angelika Endres, Projektleiterin von explore dance mit Einblicken in die WUW-Premiere in der Schulturnhalle.

Ein Filmbeitrag von Fokus Tanz München für explore dance | 31. Januar 2025

Konzept: Jin Lee
Choreographie & Performance: ZINADA (Jihun Choi und Jin Lee)
Musik: Benny Omerzell
Kostümbild und Wanddesign: Soli Jang, Jihun Choi
Produktion: Fokus Tanz
Interviewpartnerinnen: Ulrike Klemm, Angelika Endres
Schnitt: Severin Vogl, Lara Schubert

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„Hauptsächlich ging’s ums Herz“ https://explore-dance.de/journal/hauptsaechlich-gings-ums-herz/ Thu, 19 Dec 2024 21:06:46 +0000 https://explore-dance.de/?p=15081 Elisabete Finger: KOSMOKÖRPER | 19. Dezember 2024 [...]

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Eine Tänzerin und ein Tänzer in weißen Kostümen performen auf der Bühne

„Hauptsächlich ging’s ums Herz“

Ein Gespräch zum Pop Up KOSMOKÖRPER der brasilianischen Choreographin Elisabete Finger

Die Theaterpädagogin und Lehrerin an der Potsdamer AWO-Grundschule, Chica Schmidt, begleitete als explore dance-Projektpartnerin mit ihrer Grundschulklasse den Entstehungsprozess des Pop Ups KOSMOKÖRPER. Im Interview erklärt sie, warum Projekte wie dieses Kindern neue kreative Frei- und Bewegungsräume ermöglichen – und wie spielerische Workshops, rhythmische Herzschlag-Bewegungen und das Zeichnen eigener Körperumrisse die jungen Teilnehmer*innen begeisterten.

Von Astrid Priebs-Tröger | 19. Dezember 2024

Wann war Ihre erste Begegnung mit explore dance? Wie sind Sie zur Partnerin von KOSMOKÖRPER geworden?

Wir hatten vorher schon Kontakt mit der fabrik Potsdam, hatten mehrere Pop Up-Stücke als Aufführungen bei uns in der Schule zu Gast und wurden deshalb als Projektpartner*in für KOSMOKÖRPER angefragt. Das war im Herbst 2023. Im Sommer 2024 war ich mit Schüler*innen der 1. und 2. Klasse zu einem Workshop in der fabrik. Der wurde super angenommen, die Kinder hatten Spaß. Vor allem bei den Bewegungen, die dort ausprobiert wurden und mit dem Malen auf Tapetenbahnen.

Kinder schauen einem Tanzstück zu

Es ging sehr viel um den Herzschlag – Düdüm Düdüm – das haben die Schüler*innen auch danach selbst aufgegriffen. Teilweise auch ihre Lernbegleiterin, das kann man ja auch super in einen Morgenkreis einbinden. Hauptsächlich ging‘s ums Herz und dann haben die Kinder auf Tapetenrollen ihre eigenen originalgroßen Umrisse gezeichnet. Ein Kind legte sich auf den Boden auf das Papier, das andere umrahmte seinen Körper mit dem Stift. Ihre eigenen Körperumrisse befüllten die Kinder dann und malten sie aus:  Welche Organe sind in euch? Was habt ihr heute gefrühstückt? Wo ist dein Herz? Das Stück befand sich ganz am Anfang und die Idee der Choreographin war, Einfälle der Kinder aufzugreifen und diese mit in die Stückentwicklung einzubeziehen. Dabei ging es vor allem um Bewegungsideen, aber auch darum zu sehen, wie die Kinder generell auf die Thematik reagieren.

Ein Kind liegt auf einer Papierbahn während eine Lehrerin seinen Körperumriss abzeichnet
Kinder betrachten eine Papierbahn mit einem ausgemalten Zeichnung eines Körperumrisses
Ein Kind liegt auf einer Papierbahn während ein anderes Kind seinen Körperumriss abzeichnet

Was passierte außer diesem Workshop, welches Material gab es zur Vor- und Nachbereitung?

Es gab zwei Workshops – einen in der fabrik, einen in der Schule – und eine erste Probevorstellung in der Schule, in dem die Kinder einen Ausschnitt des Stückes eineinhalb Wochen vor der Premiere sahen und im Anschluss den Künstler*innen Feedback gaben. Rückmeldung der Kinder nach dieser Vorstellung war, dass das Stück nicht zu lang ist. Und auch, dass sie viel gesehen und erkannt haben. Sie können schon in diesem Alter mit Abstraktheit gut umgehen.

Es wurde bereits im ersten Workshop deutlich, dass einige Schüler*innen bereits viel über ihren Körper, die Prozesse und Abläufe in ihm wissen. Sie waren allerdings erstaunt über den Schritt – vom Workshop, wo das Team sich noch in der Recherche befand – bis zur Probevorstellung, wo schon in Bildern, Projektionen und choreografischen Elementen das eigentliche Stück deutlich sichtbar wurde. Sie spiegelten, dass sie die Übungen und Spiele aus den Workshops in der Choreographie des Stückes erkannten.

Ausgmalte Zeichnung eines Körperumrisses

KOSMOKÖRPER von Elisabete Finger stellt wie der Name schon sagt, eine Verbindung zwischen Körper und Kosmos her. Sie durchdringen darin einander, überlagern sich.

 

Wie führt man Grundschüler*innen an so eine komplexe Thematik heran?

Na hauptsächlich mit viel Bewegung. (lacht) Die Choreographin und die beiden Performer*innen haben zahlreiche Bewegungsangebote gemacht. So ein ganz eindrückliches Beispiel war ein Kreis, den alle zusammen gebildet haben. Der entstand aus einer sehr quirligen Situation heraus und dann wurde über gegenseitiges Klopfen dieser Herzschlag-Rhythmus in Stille weitergegeben und empfangen. Immer mit den eigenen Händen auf den Rücken des Anderen. Das war sehr berührend. Bei dem ersten Workshop ging es zuerst um den eigenen Körper. Welche Organe, welche Geräusche kennt ihr? Wie schlägt das Herz? Die andere Ebene – Projektionen des Kosmos – haben unsere Schüler*innen dann in der Probevorstellung gesehen.

Kinder schauen bei einer Probe eines Tanzstücks zu
Kinder bewegen sich in einem Tanz-Workshop

Wie gelang die Kommunikation mit der Regisseurin und den beiden englischsprachigen Performer*innen?

Die Kommunikation war ziemlich unproblematisch. Da Johanna Simon von der fabrik Potsdam in den Workshops übersetzte und unsere Kinder auch in der Schule Englisch lernen. Sie konnten auch selbst Fragen stellen und das wurde dann übersetzt. Die Kinder fanden das spannend, denn da hatten sie mal ein Beispiel, wofür man Englisch lernt. Sie haben intensiv zugehört, auch um herauszukriegen, ob sie selbst schon etwas verstehen.

Kinder sitzen um eine Lehrerin, die ihnen ein Bild auf dem Notebook zeigt

Wie haben Sie sich selbst dem Thema genähert, wie die Kinder konkret begleitet?

Es gab umfangreiches Vor- und Nachbereitungsmaterial, auch mit praktischen Übungen und Zusatzinformationen zum Stück und den Inhalten, das im Vorfeld verschickt wurde. Wahrnehmungsübungen zum Thema Körper waren darin. Ich selber habe mich nicht explizit darauf vorbereitet, weil das Thema in meiner theaterpädagogischen Praxis ständig auftaucht. Ich bin mit den Kindern in die fabrik gefahren und habe mich überraschen lassen. In der Nachbereitung des Workshops haben wir es dann noch einmal aufgegriffen.

Wie wurden die innen-außen Ebenen des Stücks thematisiert? Wie haben die Kinder darauf reagiert, wie hat es auf sie gewirkt?

Das ist ein sehr komplexes Thema und wenn wir das Projekt noch einmal so machen würden, würde ich eher Fünft- und Sechstklässler dafür vorschlagen. Erst- und Zweitklässler sind noch sehr junge Menschen, deren Aufmerksamkeitspanne kürzer als die der Älteren ist.

Das Innen und Außen wurde beim Malen schon angeboten, aber ob das wirklich bei allen angekommen ist, da bin ich mir nicht ganz sicher. Eine Ausnahme gab es: Ein Junge konnte sehr bildhaft erläutern, was da alles in seinem Körper vorgeht, wenn er frühstückt, wohin das Gegessene sich auf den Weg macht und wie die Prozesse im Körper stattfinden. Beim Erstaunen der Runde darüber beschrieb er sich selbst mit den Worten „ich bin ein kleiner Arzt.“

Natürlich haben auch die anderen Kinder etwas mitgenommen und Ideen gesammelt, und sie haben eine Theaterform erlebt, die sie so, außerhalb der Schule, nicht erleben würden.

Kinder sitzen in einer Gesprächsrunde zu einem Tanszstück den mit Künsterlinnen zusammen
Kinder sitzen in einer Gesprächsrunde zu einem Tanszstück den mit Künsterlinnen zusammen
Zwei Tänzerinnen performen in gelben Licht auf der Bühne
Zwei Tänzerinnen performen auf einer Bühne im grünen Licht

Worauf musste man in den Workshops achten? Welche Herausforderungen gab es? Welche Highlights? Was hat den Schüler*innen am meisten Spaß gemacht?

Herausfordernd für jüngere Kinder war schon die Anfahrt. Die gemeinsame Fahrt mit Bus und Bahn, der unbekannte Raum in der fabrik. Neue, unbekannte Menschen. Was den Kindern am meisten Spaß machte, waren die unterschiedlichen Bewegungssachen, die sie auch hinterher in die Schule mitnahmen.

Das Highlight in dem ganzen Prozess war dann die Aufführung, die abschließend in der Schule stattfand. Es gab große AHA- Momente bei der fertigen Choreographie – hier auch der Bogen von innen nach außen beim Betrachten der Projektionen, eigene Assoziationen zu Pflanzen, die wie Körperteile aussahen. „Ist das eine Brust? Oder ein Kaktus?“, „Essen sie die Handschuhe wirklich?“

Gefühle wurden stark erlebt, sowohl als Irritation als auch Faszination. Und die Begegnungen mit den beiden Performer*innen. Insgesamt war deutlich zu spüren, wie offen die Kinder nach den mehrfachen Begegnungen für das künstlerische Team waren, wie beiderseitige Vertrautheit entstand.

Sind Ideen der Kinder, die in den Workshops entstanden, in die Performance eingeflossen?

Wenn ja, welche?

Das Thema Verdauung war bereits im ersten Gespräch ein Thema: Was habt ihr heute Morgen gegessen? Ins Stück eingeflossen sind aber auch andere Assoziationen von ihnen, bildhaft besonders in den Projektionen – wie beispielsweise Flüsse in uns drinnen und um uns herum. Oder die Müll-Thematik.

Zwei Tänzerinnen performen auf der Bühne im blauen Licht

Wie reagierten die Kinder während der Aufführung und in den Gesprächen danach?

Die Aufführung fand in der Schule im Theaterraum statt. Vor insgesamt 50 Kindern, also auch vor solchen, die nicht am Entstehungsprozess beteiligt waren.

Die Kinder haben unterschiedlich reagiert. Viele waren begeistert, fasziniert von dem was sie gesehen haben und einige haben hinterher auch noch Fragen gestellt und Fragen beantwortet: Was habt ihr gesehen? Was habt ihr gefühlt? Hat euch etwas irritiert? Auch viele technische Fragen: Woher kommt der Rauch? War das alles unter dem weißen Kittel?

Es gab auch Kinder, für die das Gesehene sehr fremd war. Das ist völlig okay – und genauso werden dann aber auch die Fragen im Nachgespräch gestaltet – dafür sind diese Gespräche da. Für viele Kinder ist es das erste Mal, so eine Form von Tanz zu sehen.

Kinder schauen auf die Bühne mit einem Tanzstück
Kinder schauen einem Tanzstück mit bunten Lichteffekten zu
Kinder schauen einem Tanzstück mit zwei Tänzerinnen in buntem Licht zu

Was machen Tanzprojekte wie diese in der Zusammenarbeit mit den beteiligten Kindern, mit den Pädagog*innen? Wurde das Projekt in den regulären Unterricht eingebunden?

Ja, das Projekt wurde in den Unterricht eingebunden, es gab ja die Themensammlung und die Vor- und Nachbereitung. Wir haben nochmal mit den Kindern gesprochen – das machen wir nach jedem Theaterbesuch – und es ist toll, wenn sich die Schüler*innen gemeinsam mit Tanz-Profis bewegen können. Für alle sind es andere, nichtalltägliche Begegnungen, ein Austausch auf Augenhöhe und ein Miteinander sein und -lernen. Und immer kommt auch die Frage an die Tänzer*innen: Ist das euer Beruf?

Kosmokoerper_Elisabete Finger und Team_Foto Giulia del Balzi

Ihr ganz persönliches Fazit am Ende?

Es war und ist ein Superprojekt. Weil ich denke, dass in unserer gegenwärtigen Gesellschaft Kindern vor allem kreative Frei- und Bewegungsräume fehlen. Ich hoffe, dass noch sehr viele Schulen an diesem Projekt teilnehmen können.

Chica Schmidt ist Theaterpädagogin und arbeitet an der Potsdamer AWO-Grundschule „Marie Juchacz“, die ein theaterpädagogisches Profil hat und 2025 zehn Jahre alt wird. Chica Schmidt arbeitet mit allen Lerngruppen, auch jahrgangsübergreifend und immer projektbasiert.

Johanna Simon arbeitet als künstlerische Leiterin von explore dance in der fabrik Potsdam.

Das Gespräch führte Astrid Priebs-Tröger, die als freie Kulturjournalistin in Potsdam lebt und arbeitet.

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explore dance beim Deutschen Tanzpreis https://explore-dance.de/journal/explore-dance-beim-deutschen-tanzpreis/ Fri, 01 Nov 2024 14:27:43 +0000 https://explore-dance.de/?p=14638 Redaktion | 31. Oktober 2024 [...]

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explore dance Gruppenfoto beim Deutschen Tanzpreis 2024

explore dance beim Deutschen Tanzpreis

Am 12. Oktober 2024 wurde explore dance im Rahmen der Verleihung des Deutschen Tanzpreises im Aalto Theater in Essen für herausragende Entwicklung im Tanz geehrt. Das Netzwerk erhielt damit eine der höchsten und renommiertesten Auszeichnungen, die der Tanz in Deutschland zu vergeben hat.

Redaktion | 31. Oktober 2024

In der Jurybegründung des Dachverband Tanz Deutschland heißt es:

Mit einem vielfältigen Angebot zu Themen von Freundschaft bis Physik gestaltet das Netzwerk an verschiedenen Orten Räume zum Erleben von zeitgenössischem Tanz und den darin verhandelten gesellschaftsrelevanten Fragen. (…) Es sind Formate wie das Mobile Pop UP, mit denen explore dance über sein Grundanliegen hinausgeht, Kinder und Jugendlichen Kunst über das Performative anzubieten, ihnen Wahrnehmungsmodi vorzustellen und sie als Publikum ernst zu nehmen. Nicht nur die Tanzvermittlung (…), auch das Touringsystem, das es den einzelnen Mitgliedern erlaubt, ihre Arbeiten deutschlandweit zu zeigen, ist eine besondere Stärke des Netzwerks. Somit bewegt sich der Zeitgenössische Tanz auf das junge Publikum aktiv zu, denn es ist ein Publikum, das nicht in derselben Weise wie erwerbstätige Erwachsene zu Festivals, Galas, oder bekannten Spielstätten reisen kann.

Tanzszene aus dem Stück Move More Morph it
Sprung-Szene aus dem Tanzstück Move More Morph It

Am Vorabend der Galaveranstaltung stellte die Choreographin Anna Konjetzky ihre explore dance-Produktion „MOVE MORE MORPH IT!“ vor.

Das Pop Up-Stück – getanzt von Sahra Huby, die gerade erst mit dem Förderpreis Tanz der Landeshauptstadt München ausgezeichnet wurde – ist eine Reise durch verschiedene Identitäten, Selbstentwürfe und phantastische Figuren. Es wurde 2018 in München uraufgeführt und ist seitdem bundesweit und international in rund 70 Vorstellungen gezeigt worden – von Johannesburg bis Laos, von Mexico City bis Reutlingen und Kopenhagen.

Helge Lindh hält die Laudatio für explore dance auf dem Deutschen Tanzpreis 2024

Aus der Laudatio von Helge Lindh, MdB

Der Kulturpolitiker Helge Lindh, Mitglied des Deutschen Bundestages, würdigte in seiner Laudatio den Dienst an der Demokratie, den explore dance leiste.

„explore dance beteiligt unendlich aufrichtig und ernsthaft junge Menschen, Kinder und Jugendliche, am tänzerischen Schaffensprozess, indem es ihre Lebensperspektiven, ihre Realitäten, ihre Fähigkeiten will und würdigt. Und es erkundet damit auf eine schonungslos ehrliche Weise das wahrlich komplizierte Beziehungsgeflecht von Tanzkunst, Leben und Demokratie ganz praktisch. Und leistet damit ganz konkret tausendmal mehr für den gesellschaftlichen, emanzipatorischen, demokratischen Prozess als zahllose Panels und Podien dieser Erde. Es ist radikal künstlerisch und radikal gesellschaftlich zugleich.“

Die Ehrung ist ein vielversprechendes Signal für die Zukunft des Netzwerks, dem weiterhin eine langfristige Finanzierungsperspektive insbesondere auf Bundesebene fehlt, aber dessen Bedeutung und Erfolgsbilanz für die Entwicklung der Kunstform Tanz sowie auch die ästhetische Bildung auf Bundes- und Länderebene unbestritten ist.

Auch die Länder und Kommunen der vier Partnerorte, die das bundesweite Netzwerk tragen, gratulieren zur herausragenden Auszeichnung im Rahmen des Deutschen Tanzpreises aus Sachsen, Hamburg, München, Brandenburg und Potsdam.

xplore dance auf der Bühne beim Kultursalon Deutschen Tanzpreis
explore dance auf der Bühne beim Kultursalon Deutschen Tanzpreis
explore dance Leitung mit Tanzpreis-Urkunde auf der Bühne
Gruppenbild explore dance
explore dance Leitung am Rednerpult auf der Bühne

DACHVERBAND TANZ, Deutscher Tanzpreis 2024 - explore dance

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„Ein heilsamer Prozess“ https://explore-dance.de/journal/ein-heilsamer-prozess/ Wed, 23 Oct 2024 16:03:38 +0000 https://explore-dance.de/?p=14478 Alexander Varekhine: Wo der Teppich Staub fängt | 25. Oktober 2024 [...]

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Tänzer hält einen Teppichkante mit beiden Händen über den Kopf

„Ein heilsamer Prozess“

Der Choreograph Alexander Varekhine reflektiert über die Arbeit an seinem neuen Stück „Wo der Teppich Staub fängt“

Von Peter Sampel | 25. Oktober 2024

Eine beruhigende Geräuschkulisse erfüllt den Räum. Ist es das stetige Feuerknistern eines Kamins oder sind es doch Regentropfen, die von außen sanft gegen ein Fenster schlagen? So oder so hüllt es den Raum in eine warme Geborgenheit. Auf dem Boden liegen zwei massive Teppichrollen (Bühne: Christopher Dippert), aus denen sich die Tänzer*innen Alexander Varekhine und Laura Kisselmann herausschälen, später auf ihnen balancieren und spielen, sie hin- und herziehen oder als Unterschlupf benutzen. In zahlreichen Voice Overn (Sounddesign: Sebastian Wolf) erzählen die beiden von Erinnerungen an ihre Kindheit, an ihr Zuhause. Unsichtbare Bilder von Natur, von Essen, Jahreszeiten oder einer vergessenen Sprache aber auch von Schmerz, Ausgeliefertsein und toxischen Familienbeziehungen schweben über den Performer*innen und dekonstruieren das oftmals so idealistische Bild eines geborgenen Zuhauses.

Was ist eigentlich ein Zuhause?

„Wo der Teppich Staub fängt“ ist eine zutiefst intime und persönliche Arbeit geworden. Die Entscheidung, die ursprüngliche Idee, das multidimensionale Konzept von Zuhause breit aufzufassen, im Laufe des Prozesses aufzugeben, begründet Alexander aus zwei Perspektiven. Zum einen wird das Zuhause in aktuellen Diskursen häufig mit Heimat gleichgesetzt und erfährt so eine brisante politische Ebene, was angesichts globaler Krisen ein großes Konfliktpotenzial barg. Besonders offenbar wurde das Alexander und Tänzerin Laura beim Besuch der Partnerschule in Eidelstedt, wo in Gesprächen über Zuhause starke Gefühle gegenüber der Heimat der Eltern und eine verklärte Romantisierung derselben zum Ausdruck kamen.

Halbportrait von Choreograph Alexander Varekhine

Die Entscheidung, zu entpolitisieren und ins Private zu schwenken, stammte aber auch von der Erkenntnis, dass Alexander und Laura beide ein schwieriges Verhältnis zu ihrem Zuhause haben. Insofern folgte der Beschluss, Konkretes wie die eigenen Heimatorte herauszunehmen und auf philosophisch-psychologische Fragestellungen zu fokussieren wie: Was ist eigentlich ein Zuhause? Wie wirkt das Zuhause auf einen jungen Menschen ein? Und wie können sich Jugendliche aus den negativen oder gar traumatisierenden Erfahrungen emanzipieren und sich selbst ein neu definiertes Fundament für ein Zuhause legen?

Der Teppich als Repräsentation von Zuhause

Teppiche sind dabei nicht nur der Namensgeber, vielmehr ziehen sie sich als vielschichtige flauschige Protagonisten durch das gesamte Stück. Ein Teppich ist für Alexander die Repräsentation von Zuhause schlechthin. Schon immer war er mit ihnen konfrontiert, sei es an Wänden des Hauses seiner Uroma oder auf Schlafsofas. Als Kind spielt man auf Teppichen, sie fangen auf  und halten von außen die Kälte ab, meint Alexander. Gleichzeitig setzen sie aber auch eine klare Grenze zwischen weich und hart und repräsentieren eine konservative Normativität, eine Hülle oder feste Vorstellung eines Zuhauses, die es vielleicht zu überkommen gilt.

Laura Kisselmann und Alexander Varekhine beim Tanz
Laura Kisselmann und Alexander Varekhine halten einen Teppich

Im Laufe der 30-minütigen Performance bebildern Alexander und Laura den mentalen Schmerz ihrer Kindheit durch physische Kämpfe, Stürzen oder Schutzhaltungen, um diese Bedrohungen schlussendlich gemeinsam zu überkommen und sich gegenseitig zu halten, Trost und Stärke zu spenden. Der Teppich wird hier zum Fundament eines neuen Zuhauses, das in positiven Erinnerungen, Wahlfamilien, Freundschaften oder auch in sich selbst liegen kann. Alexander sagt dazu: „Auf der Ebene der Dinge, die mir ein Zuhause gegeben haben, kann ich auch mein Zuhause aufbauen.“

Eine Form von Empowerment

Es ist sicherlich leicht nachzuvollziehen, dass die Proben zu „Wo der Teppich Staub fängt“ und auch die Vorstellungen ein sehr emotionaler Prozess für Alexander und Laura waren. So fiel das Schreiben der Texte für die Voice Overs in einigen Punkten sehr schwer, einige Textstellen wurden mit kleinen Unwahrheiten gespickt, vermischt oder getauscht gesprochen, um die spezifischen „Rollen“ unlesbarer zu machen. Rückblickend steht für Alexander aber nicht der Schmerz im Vordergrund, der während der Proben ausgesprochen werden konnte, sondern vor allem eine Form von Empowerment, die Erkenntnis, nicht ausgeliefert zu sein, sondern dass es Auswege gibt. So möchte Alexander den Jugendlichen vor allem eins mitgeben: „Ihr müsst nicht immer den Vorgaben eures Zuhauses folgen. Ihr könnt auch dagegen gehen. Wenn ihr euch nicht gut fühlt, müsst ihr das nicht aushalten. Es gibt Orte, an denen ihr über eure Erfahrungen sprechen könnt.“

Fotos: Öncü Gültekin

Seit der Premiere im September am K3 wurde „Wo der Teppich Staub fängt“ auch schon in Potsdam und Cottbus gezeigt. Anfangs, so Alexander, beobachte er häufig Schutzreaktionen bei den Jugendlichen, insbesondere bei jungen Männern, die sich aber gegen Ende immer beruhigen. Die Nachgespräche ließen teilweise persönliche Einblicke zu, aber die Klassengemeinschaft ist auch nicht der richtige Ort, um sich verletzlich zu öffnen. Viel wichtiger sei, was später in den Köpfen passiert, sich Zeit zu nehmen, zu verdauen und bestärkt zu fühlen – und das nicht nur für die Jugendlichen, sondern v.a. auch die anwesenden erwachsenen Zuschauer*innen, die über ihre eigene Kindheit und ggf. ihre Rolle als Eltern reflektieren können. Die kraftgebende Wirkung von „Wo der Teppich Staub fängt“ beschränkt sich laut Alexander nämlich nicht nur auf das jugendliche Publikum, sondern auf alle, sogar ihn als Performer: „In vielerlei Hinsicht war es ein heilsamer Prozess. Ich konnte viel verstehen und verzeihen. Und herausarbeiten: Vielleicht geht’s auch anders.“

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